polaroid#1
die 80er. er besucht mich bei meinen eltern, mit seinen smiths-platten. stundenlang nur musik hören, ohne zu reden. nur hören.
polariod#2
er studiert jetzt. ich noch nicht. ich besuche ihn im studentenheim. er hat wilde locken auf dem und wild gelockte gedanken im kopf. er beugt sich über die gitarre. er studiert jetzt philosophie. ich verstehe kein wort. er hat jetzt eine band. beim abschied steckt er mir einen papierfetzen zu. der text zum ersten song, meint er. life kills me seven times a day steht drauf. sonst nix.
polaroid#3
flex. er hat eine viel zu grosse mütze auf. die locken sind weg. wir haben uns jahrelang nicht gesehen. daten werden kurz ausgetauscht; ansonsten nur staunende, vorsichtige blicke. zum glück ist die musik laut. wir müssen nicht reden.
polaroid#4
eine einkaufsstrasse, es regnet. ich schiebe mein fahrrad. er radelt in mich hinein. wir setzen uns an den strassenrand, rauchen. ich befürchte, ich bin ein ganz schlechter mensch sagt er. oh wenn du wüsstest, denke ich. hat aber keinen platz, der satz. vielleicht ist einfach nur die welt schlecht sage ich. mag sein. wir starren in den regen. er schenkt mir ein buch, das er gerade liest, rede an den kleinen mann.
polaroid#5
meine oma ist tot. ich schlittere in ihn hinein, zufällig. er holt mich raus, setzt mich in ein bahnhofskaffee, lässt mich reden. du darfst traurig sein, das ist in ordnung.
polaroid#6
als mein kugelmensch kurz auf der toilette verschwindet im schikaneder, ist er plötzlich da. setzt sich auf mich drauf, redet hektisch. er ist verliebt; ich auch. nicht ineinander. das war mal, und das gestehen wir uns plötzlich, sind dann verdutzt, schauen den worten nach als wären sie rauchschwaden eines eben gelöschten feuers.
polaroid#7
ich habe geburtstag. unerwartet taucht er auf, nimmt mich in beschlag: er hat kummer, herzensweh: noch nie so sehr geliebt, noch nie so sehr gelitten, die dame aber kann nicht mehr. er weint. natürlich versuch ich zu trösten. es tut mir weh.
polaroid#8
er fährt vor mir auf dem rad, gestern. schon wieder ein zufälliges treffen. wieso eigentlich immer diese zufälligen treffen, im (mindestens) jahresabstand? wir setzen uns auf einen brunnen an einer kreuzung. kurzer datenaustausch. er ist wieder verliebt, ich noch immer. aber die zustände ansonsten. wir planen eine revolution; und nach ein paar sätzen scheint sie greifbar, machbar, die zukunft plötzlich anstrebenswert. wir lachen. verabschieden uns. auf demnächst zufällig in diesem großstadttheater.

ich fühle mich immer eckig, wenn wir uns begegnen. dabei versuch ich doch normalerweise, rund zu sein. und wenn er wieder weg ist, hab ich das gefühl, dass ich eigentlich öfter wenn nicht immer eckig sein sollte. rundsein bedeutet auch, zu verschwimmen, alles verschwimmen zu lassen. ecken sind klarer, bringen brüche, zeigen kanten. gut. wie er.

gestern hab ich kurz den zettel erwähnt, mit dem liedtext. life kills me seven times a day. pause. tja, hat sich nicht viel dran geändert. schulterzucken. ich glaube, wir verstehen uns, und der glaube reicht. bis dann, dann.