wenn ich so drüber nachdenke, ist es gar nicht so schlimm, dass mir von den medien heute ständig entweder vom grossen pilgertreffen oder von schonwiedereiner königlichen hochzeit berichtet wird. schlimm ist der gedanke, dass dies alles absicht sein muss, ablenkungsmanöver, was den amerikanern die ufos, den europäern die wallfahrtskirche und das adelige hochzeitskleid. erholung für den folterbildergeplagten konsumenten. ein stück schlimmer noch dann der gedanke, dass ich jetzt auch schon verschwörungstheorie-verseucht bin, eventuell. und am allerschlimmsten dann der gedankenkreis, der dadurch entsteht: weg von den fakten, folterbilder dort, religiöse zeremonien da, hin zum versuch, meine gedanken zu beurteilen: verschwörungstheorie? erkenntnis? gefühlsduselei? ich kann mich nicht entscheiden, ich kann nix mehr entscheiden, nicht einmal ob madonnas einbindung der bilder in ihre show menschenverachtend ist oder vielleicht doch eine re-politisierung (haha) des mainstream-pops. und mein gehirn kaut daran herum, an der eigenbeurteilung, statt an den tatsachen, als wäre das wichtig mein gott, wie ich mich verachte manchmal.

ich rede mit t. folterbilder, wahnsinn, sag ich, ja schon, sagt sie, aber halt abbildung von fakten, lala, kriegsfotografie an sich, lala, und ich merke, wie sie über sich selbst erschrickt, und ich erschrecke auch. wir schweigen. t war lange in chile, brasilien, schau, sagt sie, der cia in chile, ich sag dir, da sind dinge passiert, die werden nie an die öffentlichkeit kommen, lala, und ich denke: oh, ich hab keine ahnung, oder nur wenig, von chile, und schäme mich ein bisschen, und halte dagegen: aber aufrechnen? vergleichen? ist das ein weg? keine ahnung, sagt sie, mach dir nicht so viele sorgen, wir sind beide keine medientheoretiker, haha. ich erschrecke vor ihrer kaltschnäuzigkeit, die natürlich keine ist, sondern vernünftiger überlebensdrang, und erschrecke noch viel mehr vor mir selber, bist du denn anders? na, natürlich nicht, und schon wieder kreisen die gedanken um mein ich, meine meinung, als wäre das wichtig.

und um noch ein bisschen pathetischer zu werden: ich habe den verdacht, dass die grossen schlachten mich von den kleinen schlachten in meinem eigenen kleinen leben abhalten und um das hier zu erklären würd ich schon wieder in rechtfertigungsversuche abschlittern und mich dafür noch mehr hassen müssen.

und so mach ich halt weiter und sitze an einer bar mit s, die mir erzählt von einer m. die sich in einen israeli verliebt hat und gerade aus israel zurückgekommen ist und es dort schrecklich fand. und ich frage s ob dieser mann denn jude ist oder - und sie sagt: wie meinst du das? das weiss ich doch nicht. und ich hatte mir vorgestellt, m hätte israel schrecklich gefunden weil ich, ich mir vorstelle dass es dort, man sieht es ja im fernsehen, schrecklich sein muss gerade und schon länger, aber m fand halt nur? (und dieses NUR stammt aus meinem kopf, klar) die enttäuschte liebe schrecklich und wohl mit recht.

es ist nicht der verlust der kindlichen schwarz-weiss gläubigkeit, die grauzonen kann ich gut ertragen, glaube ich, aber das nachdenken darüber, nein, das nachdenken übers nachdenken, das macht mir zu schaffen.
kein letzter satz, der mir hierzu einfällt, weil es nicht aufhört. ES, da ist es schon wieder.